Uniform Pricing, Pay-as-Clear, Marginal Pricing – alles das Gleiche?

In vielen Fällen sind die Begriffe Marginal Pricing, Uniform Pricing und Pay-as-Clear gegeneinander austauschbar. Im Strommarkt werden alle drei genutzt, um die Preisbildung und die Merit Order zu erklären. Doch alle drei beschreiben jeweils einen etwas anderen Aspekt des marktwirtschaftlichen Prozesses, der zu diesem Ergebnis führt.

Definition

Uniform-Pricing

Von Uniform Pricing spricht man ganz allgemein, wenn auf einem Markt alle Käufer für identische Produkte oder Dienstleistungen denselben Preis zahlen müssen. Das Gegenteil ist Preisdiskriminierung, dabei gelten für vergleichbare Geschäfte unterschiedliche Preise – je nach Käufer oder Verkäufer.

Marginal Pricing

Marginal Pricing (Deutsch: Grenzkosten-Bepreisung) ist ein ökonomisches Modell, das eine bestimmte Art der Preisbildung erklärt. Es stellt fest, dass auf kompetitiven Märkten der Gleichgewichtspreis (bei dem Angebot und Nachfrage gleich groß sind) maßgeblich von den Produzenten mit den höchsten Grenzkosten abhängt.

Pay-as-Clear

Pay-as-Clear ist ein bestimmter Auktionsmodus, der hauptsächlich bei der Versteigerung von Commodities eingesetzt wird. Die Auktion erfolgt einer Reihenfolge nach, in der jedes weitere Gebot für die Käufer ungünstiger ist. Wenn die Nachfrage gedeckt ist, zahlen alle Käufer den Preis des letzten, für sie ungünstigsten Gebotes.

Warum werden die Begriffe häufig synonym verwendet?

Tatsächlich bezeichnen Pay-as-Clear- und Uniform-Pricing-Auktion – im Englischen auch marginal pricing auction – denselben Auktionsmodus: Solche Verkaufsauktionen beginnen stets mit dem niedrigsten Gebot bestehend aus Preis und Menge. Dann werden die Gebote so lange erhöht, bis eine zuvor festgelegte Gesamtmenge versteigert ist. Das Besondere: Jeder Bieter erhält sofort einen Zuschlag, aber am Ende gilt der letzte (höchste) Preis für alle Käufer und Verkäufer – unabhängig von den zuvor abgegebenen Geboten. (Bei Kauf- oder Beschaffungsauktionen läuft das Verfahren umgekehrt und es gilt der niedrigste bezuschlagte Preis.)

Genau nach diesem Modus wird Strom in Deutschland – und vielen anderen Ländern – an den Spotmärkten versteigert.
In Bezug auf Auktionen werden die drei Begriffe synonym verwendet, obwohl sie unterschiedliche Aspekte beleuchten. Das wird deutlich, wenn man betrachtet, was zwei von ihnen eigentlich meinen.

Was bedeutet Marginal Pricing?

Der Begriff Marginal Pricing blickt auf die Produzentenseite. Er zielt auf die betriebswirtschaftlichen Erwägungen ab, die dazu führen, dass verschiedene Anbieter mit unterschiedlichsten Kostenstrukturen denselben Preis für ein bestimmtes Gut verlangen.
Dies gilt vor allem für homogene Güter wie Strom, Bodenschätze wie Erdöl, Aluminium oder Gold. Auch für agrarische Rohstoffe wie Sojabohnen, Baumwolle, Kaffee und sogar Lebendrind werden täglich Weltmarktpreise ermittelt. Einige diese Güter werden in Pay-as-Clear-Auktionen verkauft, aber nicht alle.

Während signifikante Qualitätsunterschiede – etwa bei Lebensmitteln – mit teils erheblichen Auf- oder Abschlägen honoriert werden, gibt es diese bei Strom nicht. Es gibt also keinen Grund für den Betreiber einer Solar- oder Windenergieanlage seinen Strom billiger zu verkaufen, als der Betreiber eines Gaskraftwerks verlangen muss, um seine Kosten zu decken. Auf einem freien Markt würden sich die Käufer schließlich ohnehin so lange gegenseitig überbieten, um den günstigen Windstrom zu beziehen, bis sein Preis den von Gasstrom erreichen würde. Dies ist dann der markträumende Preis oder Gleichgewichtspreis, weil sich Angebot und Nachfrage im Gleichgewicht befinden.

Das Diagramm zeigt modellhaft die Merit Order am Strommarkt: an der x-Achse ist die fiktive Leistung der Kraftwerksparks von Erneuerbaren über Kohle- bis zu Gaskraftwerken abgetragen in der Reihenfolge nach ihren Grenzkosten von niedrig nach hoch (abgetragen auf der y-Achse). Zwei nahezu senkrechte Nachfragekurve zeigen den Bedarf an, die Schnittpunkte der Nachfrage mit den Kraftwerken gibt den jeweiligen Strompreis an.

Die niedrigen Grenzkosten der Erneuerbaren Energien bewirken, dass ihr Stromangebot zuerst genutzt wird, danach folgen verschiedene Arten von Kohle- und Gaskraftwerken. Der Einheitspreis richtet sich bei gegebenen Grenzkosten nach der Nachfrage: Der Preis ist gleich den Grenzkosten des teuersten benötigten Kraftwerks.

Der Preis sinkt in einem solchen Markt erst, wenn der teuerste Anbieter (das Gaskraftwerk) nicht mehr gebraucht wird, um die Nachfrage zu decken. Dies kann dadurch geschehen, dass die Nachfrage sinkt oder dass Anbieter mit niedrigeren Grenzkosten mehr produzieren können, sodass ein neuer Gleichgewichtspreis entsteht. Deshalb sinkt der Strompreis in Deutschland, wenn viel Wind- und Solarstrom zur Verfügung stehen und kein Gaskraftwerk benötigt wird.

Der Name Marginal Pricing (Grenzkosten-Bepreisung) rührt daher, dass die Anbieter ihren Preis bei ihren Grenzkosten ansetzen. Sie wählen also den niedrigsten Preis, der es ihnen noch ermöglicht, ohne Verluste zu produzieren.

Wofür steht Uniform Pricing?

Der Begriff Uniform Pricing betrachtet die Käuferseite. Er besagt zunächst einmal nur, dass für alle Käufer an einem bestimmten Markt derselbe Preis für ein Gut gilt. Viele Einzelhandelsketten verfolgen diese Preissetzungsstrategie: Für das gleiche Produkt zahlen alle Kunden gleich viel – unabhängig von Alter, Kaufmenge, Finanzkraft etc.

Das Gegenteil ist Preisdiskriminierung: Der Zoobesuch ist für Kinder, Studenten und Rentner oft vergünstigt. In der Hochsaison ist die Zahlungsbereitschaft der Urlauber höher, in der Nebensaison locken Ferienhotels mit günstigen Angeboten auch Gäste an, die sonst vielleicht zu Hause geblieben wären. Aber: Wer weniger als eine Woche bleibt, zahlt einen Aufpreis. Auch das ist Preisdiskriminierung.

Ziel einer solchen Preisstrategie ist es immer, die unterschiedliche Zahlungsbereitschaft von Kundengruppen besser abzuschöpfen. Bei Commodities ist das kaum möglich, weil die Anbieter wegen der Homogenität der Waren, des starken Wettbewerbs und der Transparenz der Märkte kaum Preissetzungsmacht ausüben können. Preisunterschiede würden zudem in Windeseile durch Arbitragegeschäfte zunichtegemacht, sodass der Marktpreis sich kaum ändern würde. Außerdem ist die Preiselastizität vieler Verbraucher bei Commodities im Allgemeinen sehr groß: Kaum jemand fährt häufiger Bahn, weil der Benzinpreis steigt. Und nur wenige Unternehmen senken ihren Stromverbrauch, weil der Preis durch die Decke geht.

Wofür steht Pay-as-Clear?

Der Begriff Pay-as-Clear stellt darauf ab, dass bei Auktionen nach diesem Modus ein markträumender Preis (market clearing price) ermittelt wird.

Wie gesehen beschreibt das Marginal-Pricing-Modell, warum sich der Preis eines homogenen Gutes – den Marktmechanismen folgend – auf dem Niveau der höchsten Grenzkosten aller Anbieter einpendelt, die benötigt werden, um den Gleichgewichtspreis zu erreichen, der dann ein Uniform Price ist.

Pay-as-Clear-Auktionen sind also gewissermaßen das Eingeständnis der Commodity-Märkte, dass die Marktmechanismen – oder besser: dass das Verhalten der Akteure – ohnehin zu dem beschriebenen Einheitspreis führt. Sie bilden sozusagen eine institutionalisierte Abkürzung zu dem, was ohnehin geschieht, wenn die Güter frei gehandelt werden.

Zwar werden in Deutschland 70 bis 80 Prozent des Stroms bilateral direkt zwischen Produzenten und Abnehmern „over the counter“ und somit abseits des Börsenparketts gehandelt , doch auch für diese Geschäfte ist der Börsenpreis die maßgebliche Größe. Denn dieser enthält im Grunde alle Informationen, die Marktteilnehmer zur Verhandlung benötigen. Die benachteiligte Seite würde das Geschäft also bei Abweichungen über Börsen- und Händlergebühren hinaus sofort ablehnen und den Strom an der Börse (ver)kaufen.

An welchen Strommärkten gelten Uniform Pricing und Pay-as-Clear?

Die beschriebenen Marktmechanismen des Marginal und Uniform Pricing gelten prinzipiell auf allen liberalisierten Strommärkten weltweit. Uniform Pricing im Sinne eines stromnetzweiten Einheitspreises gelten in Teilen der USA und Australiens; auch in Indien gibt es Überlegungen, einen nationalen Strommarkt mit Uniform Pricing zu implementieren.

In Europa ist es das vorherrschende Prinzip zur Strompreisbildung. Das gilt selbst für Länder, deren Strommarktdesign relativ stark vom deutschen abweicht. Dazu gehört etwa das Vereinigte Königreich, wo neben dem produzierten Strom auch die reine Vorhaltung von Reservekapazität vergütet wird.

Die EU-Länder Schweden und Italien sind in mehrere Preis- und Auktionszonen aufgeteilt, sodass es kein Uniform Pricing im Sinne eines nationalen Einheitspreises gibt. Innerhalb der Gebotszonen, stellt jedoch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages fest, wird der Preis dennoch per Pay-as-Clear ermittelt. Für den Day-Ahead-Handel schreibt die Europäische Union dies sogar durch die Verordnungen (EU) 2019/943 über den Elektrizitätsbinnenmarkt und die Verordnung (EU) 2015/1222 über Kapazitätsvergabe und Engpassmanagement vor.

Regionale Preisbildungsverfahren im Strommarkt

Häufig werden nodale und zonale Strompreissysteme als Gegenentwurf zum Uniform Pricing angeführt. Tatsächlich handelt es sich dabei jedoch auch um Uniform Pricing, das sich lediglich über deutlich kleinere Gebiete erstreckt. Dadurch können sich über ein nationales Gebiet unterschiedliche Preise einstellen. In zonalen Preissystemen werden Stromnetze (wie in Italien und Schweden) in verschiedene Zonen eingeteilt, in denen sich dann jeweils unterschiedliche Preise bilden können. In nodalen Preissystemen gilt dies sogar für jeden Netzknoten, also Umspannwerke, aus denen der Strom aus Übertragungsnetze ins Mittelspannungsnetz und weiter in die Verteilnetze geleitet wird.

Diese Preisbildungsverfahren haben den Vorteil, dass das Preissignal nicht nur physikalische Erzeugungs-, sondern auch Übertagungsknappheiten enthält und dadurch eine effiziente Nutzung des Stromnetzes fördert. Je kleinteiliger der Preis jedoch ermittelt wird, umso unübersichtlicher wird der Markt. Und je weniger Akteure an der Preisbildung beteiligt sind, umso weniger Wettbewerb herrscht. Dies kann im Extremfall so weit führen, dass an einigen Netzknoten einzelne Akteure eine monopolartige Marktmacht ausüben können und so das Marginal Pricing aushebeln.

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